Das Verhandlungspaket mit der EU steht, schon bald soll mit den Verhandlungen über die Details mit Brüssel begonnen werden. Das freut die Kantone, wie der Präsident der KdK (Konferenz der Kantonsregierungen), Markus Dieth, im Interview ausführt.
SRF News: Die Gründung der KdK geht auf das Nein zum EWR-Beitritt 1993 zurück. Warum haben sich die Kantone gerade damals zusammengeschlossen?
Markus Dieth: Damals wie heute haben fünfzehn Kantone Berührungspunkte mit dem EU-Raum. Die Kantone pflegen seit jeher aussenpolitische Beziehungen und sind auch wirtschaftlich von aussenpolitischen Entscheiden des Bundes betroffen. Aus diesem Grund haben die Kantone vor 30 Jahren beschlossen, sich zusammenzuschliessen, um ihre Interessen gegenüber dem Bund zu vertreten.
Geht die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU zum Teil auch auf das Konto der Kantone?
Alle Kantonsregierungen haben sich einstimmig für die Wiederaufnahme von Verhandlungen ausgesprochen. Das gab es meines Wissens noch nie. Für unsere Wirtschaft, aber auch für die Forschung ist es wichtig, dass wir stabile Beziehungen zur EU haben – und dass wir Rechtssicherheit haben.
Die KdK fordert, dass die Verhandlungen noch vor den Europawahlen im Sommer abgeschlossen werden. Warum diese Eile?
Die derzeitige Situation ist weder für die Wirtschaft noch für die Forschung tragbar. Aktuell gibt es keinen Zugang zum Bildungsprogramm Horizon, Stichwort Erasmus.
Manche Unternehmen könnten aus der Schweiz ins Ausland abwandern.
Auch in der Wirtschaft haben wir im Moment verschiedene Hürden. Die KdK befürchtet, dass deshalb manche Unternehmen ins Ausland abwandern könnten. Stabilität in diesen Fragen ist für die Wirtschaft, aber auch für die Bevölkerung wichtig.
Die KdK ist mit den vom Bundesrat präsentierten Verhandlungspunkten einverstanden, auch wenn die Knackpunkte, die 2021 zum Abbruch der Verhandlungen geführt haben, erneut aufgelistet sind. Ein Abkommen mit der EU könnte die Kantonalbanken, die kantonalen Energiekonzerne sowie die Energiewerke gefährden.
Richtig ist, dass im ursprünglich vorgesehenen institutionellen Abkommen die sogenannten staatlichen Beihilferegelungen überall gegolten hätten. Gemäss dem aktuellen Verhandlungsmandat sollen sie aber nur in jenen Bereichen gelten, wo man Zugang zum EU-Markt hat.
Die Kantonalbanken sind nicht betroffen.
Wenn es kein Marktzugangsabkommen für einen Bereich gibt, zum Beispiel kein Finanzmarktabkommen, dann gibt es auch keine Regeln. Also: Keine Sorge, die Kantonalbanken sind nicht betroffen.
Inwieweit wären die Energieunternehmen von einem Stromabkommen betroffen?
Beim Stromabkommen geht es in erster Linie um die Versorgungssicherheit. Die Schweiz soll vollständig in den europäischen Strommarkt integriert werden. Für die Kantone ist es aber sehr wichtig, dass weder wegen des Stromabkommens noch wegen der Beihilferegelungen etwas an den Besitzverhältnissen der Energieunternehmen geändert werden müsste. Die Energiedirektorenkonferenz erachtet dieses Szenario als realistisch, weil punkto Versorgungssicherheit ein gegenseitiges Interesse besteht. Der Bundesrat ist jetzt also gefordert.
Das Gespräch führte Karoline Arn.